– Bei der Doxologie in der Kirche “Himmelfahrt des Herrn” zu Berlin, 15.04.2014 –

Hochwürdigster Metropolit Augoustinos von Deutschland, Oberhirte dieser von Gott behüteten Diözese,

Hochwürdigste Mitbrüder im Bischofsamt,

Sehr geehrte Vertreter der Behörden,

Liebe Kinder im auferstandenen Herrn, liebe und gesegnete orthodoxe Christen dieses Gebiets Deutschlands,

Christus ist auferstanden!

Besondere Freude verspüren wir persönlich, euer Patriarch und euer ehrwürdiger bischöflicher Oberhirte und wir alle über den Segen unserer heutigen Begegnung in dieser Kirche der Himmelfahrt des Herrn, deren Patrozinium wir, so Gott will, in einigen Tagen feiern werden; es wird uns wieder vergewissern, dass „der Herr mit uns“ ist, jetzt und immer und in Ewigkeit und deshalb „niemand gegen uns“ ist. Unser Herr, der die „ganze väterliche Heilsordnung erfüllt hat“, fuhr in den Himmel auf und sitzt zur Rechten Gottes des Vaters, “ohne sich von uns zu trennen, vielmehr ungetrennt uns nahe zu bleiben” (vgl. Kontakion von Himmelfahrt) und zwar für immer.

Wir kommen vom Bischofssitz eurer Mutterkirche aus dem historischen Phanar, der zum Symbol des Lebens, der Geduld, der Ausdauer und der Beharrlichkeit, aber auch der liebenden Hingabe und Fürsorge geworden ist, um euch den Segen des Ökumenischen Patriarchats zu überbringen, in dieses gastfreundliche Land Deutschland, wohin die Lebensumstände einen jeden von euch geführt haben, so dass es zur zweiten Heimat oder Wahlheimat geworden ist, denn wie der antike Dichter sagt: ”Überall ist Heimat dort, wo die Erde uns ernährt» (Euripides, Phaethon).

Für uns, die wir im Namen der heiligen Dreieinigkeit getauft sind, ist jede irdische Heimat eine Voraussetzung, dass wir die tatsächliche Heimat, das himmlische Jerusalem, das Reich der Himmel, erben, denn hier auf Erden sind wir Fremdlinge und Gäste, unsere Heimat aber ist im Himmel, wie der Apostel Paulus sagt (vgl. Phil 3, 20).

Diesen Glauben hatten die Christen immer schon, wie der bekannte Diognet-Brief berichtet: «Obwohl sie griechische und barbarische Städte bewohnen, wie es einen jeden traf, und die landesüblichen Sitten befolgen in Kleidung und Kost sowie im übrigen Lebenswandel, legen sie doch eine erstaunliche und anerkanntermaßen eigenartige Beschaffenheit ihrer Lebensführung an den Tag. Sie bewohnen das eigene Vaterland, aber wie Beisassen. Sie nehmen an allem teil wie Bürger, und alles ertragen sie wie Fremde. Jede Fremde ist ihr Vaterland und jedes Vaterland eine Fremde» (Kap. 5, 4-5).

Dieses Gefühl der Vergänglichkeit jeder irdischen Heimat nimmt uns natürlich nicht die Liebe zu unserer irdischen Heimat und das Heimweh nach ihr. Sogar der Herr selbst liebte seine irdische Heimat Nazaret, «wo er aufgewachsen war», so wie jeder Mensch, der fern der Heimat ist, irgendwann das Heimweh des Odysseus verspürt, das der antike Dichter in einer Sentenz beschreibt: «Das Vaterland ist offensichtlich etwa überaus Geliebtes für die Menschen, mit Worten lässt es sich gar nicht sagen, wie geliebt es ist» (Euripides, Phönikerinnen, 407 – 408).

Ihr, Orthodoxe Landsleute, seid alle aus eigenen Gründen in diese historische Stadt Berlin gekommen. Es gilt euch in besonderem Maße zu beglückwünschen, denn ihr habt auch euren von den Vätern ererbten Glauben und eure Bindung an die orthodoxe Tradition unserer Kirche mitgebracht, was seit je her für die außerhalb des Heimatlandes Lebenden die Nabelschnur und das Verbindungsglied zur Heimat darstellt.

Da wir also den Schatz unseres Glaubens in tönernen Gefäßen haben, müssen wir dafür kämpfen, dass unser Verhalten im Alltag der Glaubenslehre entspricht, denn ein Glaube ohne entsprechendes Verhalten ist dämonisch, denn auch die Dämonen glauben und zittern, aber ihr nicht angewandter Glaube gereicht ihnen zur Verurteilung.

Und was muss man tun? Das reine Leben zeichnet uns das göttliche Gesetz des Evangeliums auf, welchem bis heute unzählige Millionen Gläubige gefolgt sind, die dadurch Erben des Paradieses wurden; dazu kommen die Werke der Liebe und des Glaubens.

Es herrscht eine Meinung vor, die allerdings gänzlich falsch ist, dass nämlich das Leben in Christus jede weltliche Aktivität oder jeden Genuss verbiete. Diese Auffassung erweist der heilige Johannes Chrysostomos als vollkommen unbegründet und sagt auf seine bezeichnende und entwaffnende Art: Was fliehst du, Mensch, vor dem Evangelium? Weil ich es nicht einhalten kann, sagt er. «Hat Gott denn etwas Unmögliches aufgetragen? So kommt es, dass alles auf den Kopf gestellt ist, alles in der Welt ist verdorben , denn niemand macht es zu seinem Ziel, nach Gott zu leben. Die Taufbewerber, die sich damit beschäftigen, machen keine Anstrengungen. ein rechtes Leben zu führen; jene, die bereits getauft sind, weisen auch keinen Eifer auf, ob sie nun als Kinder getauft wurden oder in Krankheit die Taufe empfingen und später gesund wurden, da sie gar nicht die Absicht hatten für Gott zu leben. Die aber als Gesunde getauft wurden, zeigen auch keinen besonderen Eifer und, selbst wenn sie zunächst warm und glühend sind, löschen sie dann selbst auch das Feuer” (Kommentar zur Apostelgeschichte 23, PG, 60,182).

Es ist sicher richtig, dass unser alltägliches Leben uns durch die freiwilligen und unfreiwilligen Sünden beschwert, die besser nicht geschehen wären. Doch, da wir Kinder des alten und gefallenen Adams sind und vergängliches Fleisch besitzen, unterliegen wir den diversen Versuchungen und schaffen es nicht immer Widerstand zu leisten. Dann quält uns unser Gewissen und vergrößert die Angst, es folgt die Verzweiflung, dass es uns nicht möglich ist, persönlich nach dem Evangelium zu leben, wenn wir sogar versucherische Gedanken (Logismoi) haben, unseren Mitmenschen zu schädigen und zu verachten. Diese Gedanken sind Folgen der Sünde und führen uns früher oder später ins Verderben, welches den natürlichen und den ewigen Tod bewirkt.

Hier in Berlin haben die Orthodoxen, und generell die Menschen die hier leben, in ganz besonderer Weise die Erfahrung dieser Tatsache gemacht. Der versucherische Gedanke, eine Folge der gefallenen Natur der vom Bösen angeleitet zum Schlechten führt, hat nicht nur zur Teilung dieses großen Landes und zum Bau von Mauern zwischen Glauben und Unglauben geführt, sondern auch den Frieden, das Wohlergehen, die Gnade und das Erbarmen zerstört und unterwandert, so dass Vieles, sogar das Geschenk des Lebens, dunkel, freudlos, unbarmherzig wurde. Selig der Mensch, der Gnade gefunden hat, verurteilt zum Verschwinden ist dagegen der Mensch, welcher der Gnade entbehrt. «„Fährt der Wind darüber, ist sie dahin; der Ort, wo sie stand, weiß von ihr nichts mehr“» (vgl. Ps 102,16 LXX). Da bleibt nur eine Erinnerung an die Bosheit und den Neid und die Feindschaft und, unglücklicherweise, die Ruinen eines «verstockten Gewissens». «Doch die Huld des Herrn währt immer und ewig.“

Diese Wahrheit wird treffend vom hl. Johannes Chrysostomos ausgedrückt. Gott, sagt er, ist allein ohne Sünde und Er ist die Quelle. «Die Quelle ist hier; je nachdem, was für ein Gefäß man hat, kann man es füllen; wenn es groß ist, nimmt man viel mit; wenn es klein ist, nimmt man wenig mit« (9. Rede auf den viertägigen Lazarus, PG.48, 782). Im Gegensatz dazu werden die Versuchung und das Böse, das Deutschland in die Teilung geführt haben, so beschrieben: „Nichts pflegt ja so sehr dem Untergange zuzutreiben als die Gunst der großen Menge, weil sie die Menschen feige und zu Schmeichlern und Heuchlern macht“ (Matthäus-Kommentar 40, P.G.57, 444).

Unser Leben und unser Lebenswandel sind häufig schwierig und schwer zu meistern; sie belasten uns durch die verschiedenen Probleme und deren Ängste. Ohne Gott werden wir es nie schaffen, diese zu überwinden; so werden wir in unserer Schwäche Opfer der fortgeführten Angriffe des Bösen und es besteht die Gefahr, dass wir das Paradies verlieren, für das wir erschaffen wurden, so wie wir vielfach auch das irdische Paradies zerstört haben, das Gott uns zum Befolgen seiner Gebote geschenkt hat.

Wir feiern heute das Jubiläum der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland, die auf ein halbes Jahrhundert gesegneten Lebens und Wirkens zurückblicken kann. Wir grüßen euch und beglückwünschen uns und euch, insbesondere das große deutsche Volk und wünschen, dass, so wie sich warme Heilquellen als nützlich und heilsam erweisen für die verschiedenen körperlichen Krankheiten, so auch die Wärme der Einheit Deutschlands, und eures Glaubens und eurer Gottesliebe zur Quelle eures Wohlergehens und, davon abgeleitet, eures ewigen Heils werden und des Heils der ganzen Welt.

Noch einmal bringen wir unsere besondere Freude über die heutige gesegnete Begegnung zum Ausdruck meine Väter, Brüder und Kinder im Herrn, und ermahnen euch väterlich, die Einheit und den Frieden zwischen euch zu bewahren, denn «wenn der Bruder dem Bruder hilft, ist dies wie eine starke Festung« (Spr 18,19 LXX), damit ihr durch den Segen Gottes voranschreitet in jeder Phase eures Lebens und gewürdigt werdet, unter dem Schutz der Kirche und in aktivem Glauben an das, was der Herr uns gelehrt hat, zum himmlischen Reich zu gelangen, unserer wirklichen und ewigen Heimat, wo es keine Unterscheidung nach Rasse, Kenntnissen, sozialer Stellung, oder nach Nation geben wird, sondern Christus “alles und in allen” ist (vgl. Kol 3,11).

Sein unermessliches Erbarmen und sein Segen seien mit euch allen, euren lieben Familien und dem gesamten deutschen Volk, das euch hier aufgenommen hat. Amen.

– Beim Empfang Seiner Allheiligkeit des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios –

Alheiliger Vater und Gebieter, Christus ist auferstanden!

Erfüllt von Gefühlen der Freude und der Dankbarkeit gegenüber dem auferstandenen Herrn heißen wir Sie im Herzen Europas, in der schönen, geschichtsträchtigen Stadt Berlin willkommen.

Dies ist ein freudiger und historischer Tag. Denn heute besucht zum ersten Mal unser erster Bischof, unser geistlicher Vater, unser aller inständiger Fürsprecher bei Gott. Heute besucht unser Patriarch unsere unbedeutende Gemeinde, um uns zu segnen und uns in unserem täglichen Kampf zu stärken.

Wir empfangen Sie heute Abend in österlich-festlicher Atmosphäre und Stimmung, während Sie der ganzen Welt die Botschaft des Friedens und der die orthodoxen Christen verbindenden Einheit übermitteln, aber auch die Botschaft der Einheit aller von Ihnen besuchten Völker, Kulturen und Religionen, und so ein greifbares und lebendiges Beispiel der Liebe Christi, aber auch ein unbezweifelbares Zeugnis der orthodoxen Überlieferung in der ganzen Welt geben.

Ihre Anwesenheit unter uns, Eure Allheiligkeit, ist eine Wegmarke in der langjährigen Geschichte der griechisch-orthodoxen Präsenz in Berlin und der Gipfelpunkt der Feiern aus Anlass des fünfzigjährigen Jubiläums der Gründung der Heiligen Metropolie von Deutschland und des Exarchates von Zentraleuropa durch die Mutterkirche.

Ihr Besuch im Zentrum des geistlichen und liturgischen Lebens der mehr als 12.000 griechisch-orthodoxen Christen, die in Berlin wohnen und arbeiten, hat unsere Herzen zutiefst bewegt. Der unzulängliche Versuch, Ihnen als der Mutterkirche ergebene Kinder für die Liebe und Sorge, die Sie uns anlässlich unserer Reisen zum Phanar als einfachen Pilgern erwiesen haben, zu danken, ist ein äußerst geringes Zeichen unserer Liebe zu Ihnen.

Wir Griechen von Berlin ehren mit unserem Lebenswandel die Werte unseres Glaubens und unserer Heimat. Diplomaten, alte und junge Unternehmer, Künstler, Angestellte, freie Berufstätige, einfache Arbeiter, große und kleine Kinder – wir haben uns hier versammelt, um Ihnen unseren Respekt und unsere Ergebenheit zu bekunden. Wir fühlen uns der Mutterkirche eng und zutiefst geistlich verbunden und sind stolz auf den Steuermann der Orthodoxie, unseren Patriarchen! Diese Beziehung und diese Liebe wird gepflegt durch die Worte und das Beispiel unseres Metropoliten, der dafür Sorge trägt, dass unsere unverbrüchlichen Bande mit dem Ökumenischen Patriarchat nicht reißen, zumal sein Dienst in unserer Metropolie in dieser Gemeinde ihren Ausgang genommen hat.

Wie in ganz Deutschland, hatten und haben wir auch in Berlin die besten Beziehungen zu den städtischen Behörden, den christlichen Konfessionen und den Religionen, zu deutschen und griechischen Institutionen. Das belegt auch die Anwesenheit all der erlesenen Gäste, die heute an diesem Empfang teilnehmen. Unsere Gemeinde orientiert sich immer an den Leitlinien des Ökumenischen Patriarchats.

Wir hoffen, Eure Allheiligkeit, dass die Liebe der orthodoxen Christen Berlins, die sich in diesem Empfang anlässlich Ihrer Ankunft in unserer Gemeinde ausdrückt, Ihr Herz erfreut. Wir waren und werden stets demütige Förderer Ihrer Arbeit, hilfsbereite Diener der Werte der Mutterkirche und unermüdliche Verteidiger ihrer Rechte sein, wo immer und wann immer Sie uns dazu auffordern. Wir bitten Sie, als einfache und geringe Gabe unserer Gemeinde das Epitrachilion und das Omophorion anzunehmen, die liturgischen Gewänder, die Ihnen beim Einzug in unser Gotteshaus gereicht wurden, damit Sie „um Erbarmen, Leben, Frieden, Gesundheit, Erlösung, Heimsuchung, Verzeihung und Nachlass der Sünden der Knechte und Mägde Gottes, aller gottergebenen und rechtgläubigen Christen, derer, die in dieser Stadt und in dieser Gemeinde wohnen und weilen“, beten.

Ihr heutiger historischer Besuch wird unserem Gedächtnis und unserem Herzen unauslöschlich eingeschrieben bleiben.

Allheiliger Vater und Gebieter: Christus ist auferstanden!